Hinter den Worten

Hörenswertes

Teil 3

Gottlose Welt

Sie lief umher in dieser fremden Stadt, die sie einst ihr Zuhause nannte. Nur sie und ihr Regenschirm, der seit der Katastrophe, die so vielen das Leben kostete, zum wichtigsten Gegenstand in ihrem Leben geworden war, als sie wieder dieses Gefühl überkam. Sie drehte sich um und erstarrte. Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Sie umklammerte den Griff ihres pechschwarzen Regenschirms, wie er früher auf Beerdigungen getragen wurde, immer fester. Früher, als noch so wenige starben, dass man noch Beerdigungen feierte. Sie wusste nicht was sie tun sollte. Rennen und den Jagdtrieb des riesigen Vogels, der hinter ihr lauerte, auslösen und versuchen seinen riesigen Krallen zu entkommen oder stehen bleiben und beten? In dieser gottlosen Welt. Sie wusste, ihr lief die Zeit davon, ihr Herz raste, ihre Hände zitterten und sie konnte das Adrenalin in ihren Adern förmlich spüren. „Rennen, stehen, rennen, stehen, stehen, rennen", raste es durch ihren Kopf, als sich das riesige Tier langsam zu ihr umdrehte. Oh nein, oh nein, sie durfte nicht sterben! Sie hatte es ihm versprochen, als er für sie ohne Schirm in den Regen rannte – und nie zurückkehrte. Der Vogel fokussierte sie und schrie auf. Ihr wurde mit einem Schlag noch kälter, als es ihr ohnehin schon war. „Vater unser im Himmel", entglitt es ihr, alte Gewohnheit. Sie drehte sich um, drehte dem Monster ihren Rücken zu, über den es immer noch schauderte, und rannte los.

Was wäre wenn es keine Elektrizität mehr gäbe

Wenn es von einem auf den anderen Moment keine Elektrizität mehr gäbe, würde es auf jeden Fall ziemlich chaotisch, was sich auch wahrscheinlich nicht so schnell wieder legen würde. Das erste an das man denkt, wenn man hört, dass es keine Elektrizität mehr gibt, ist wahrscheinlich sowas wie: Oh nein, dann geht das Licht ja nicht mehr, oder: was würde ich bloß ohne mein Handy machen, aber es gibt so viele andere und vor allem wichtigere Dinge, die vom Ende der Elektrizität betroffen wären. Mal angenommen, es würde wirklich so weit kommen und wir sind mitten in einer großen Stadt, am Besten noch in der Nacht. Wir sitzen gerade alle zusammen in der U-Bahn, als auf einmal jedes Licht ausgeht und auch die Bahn selbst mitten in ihrem Schacht zum Stehen kommt, denn auch die ist ja elektrisch betrieben. Natürlich bricht eine Massenpanik aus, denn es ist alles stockfinster und niemand hat auch nur die geringste Idee, was da gerade vor sich geht. Panisch werden die Handys aus den Hosentaschen, die zum Glück noch ein bisschen Akku haben, sonst hätten wir ein ziemliches Problem mit dem Licht, denn eine Fackel hat wohl niemand mit in der U-Bahn. Unter dem – ehrlich gesagt ziemlich erbärmlichen – Licht der Handytaschenlampen kämpfen wir uns gemeinsam zum nächsten Notausgang, der ebenfalls nicht beleuchtet ist, denn auch da geht das Licht natürlich nicht. Oben angekommen hoffen wir natürlich auf eine hell erleuchtete Straße, aber – Überraschung – auch da ist alles dunkel, denn weder die sonst so hell leuchtenden Werbeanzeigen, noch die Straßenlaternen funktionieren. Diese Verschärfung der Situation macht das Ganze auch nicht besser, vor allem, da auch niemand etwas über diesen Vorfall im Internet findet, was ganz einfach daran liegt, dass das Internet gar nicht mehr erreichbar ist. Einer der mutigen und nicht ganz so ängstlichen Passanten sieht sich nun in der Rolle des Retters und versucht die gesamte Gruppe zu beruhigen, indem er sagt: „Bestimmt nur ein kleiner Stromausfall. Ich bin mir sicher, gleich funktioniert alles wieder.“ ha, wenn der wüsste...Und während wir schon denken, dass bei uns gleich die Welt untergeht, sieht es woanders wirklich ziemlich kritisch aus. Denken wir zum Beispiel mal an die Krankenhäuser, denn Abgesehen davon, dass der Elektrizitätsschwund auch hier eine Massenpanik ausgelöst hat, sind auch die Maschinen ausgefallen sind und zahlreiche Menschen kämpfen um ihr Leben, während die Mitarbeiter alles geben, um sie zu retten. Eine Branche, die auch stärker von dem Verlust betroffen ist, als man denkt ist zum Beispiel die Lebensmittelindustrie und alles darum herum. In allen Supermärkten und Produktionsfabriken fallen jegliche Kühlmöglichkeiten aus und auch die Maschinen zur Herstellung funktionieren von einem auf den anderen Moment nicht mehr. Das bekommt man ja schnell wieder hin, denkt man sich, aber nein, genau das ist ja das Problem. Jegliche Lebensmittel könnten nicht mehr gekühlt oder maschinell hergestellt werden und alles muss wieder auf Handgemachtes zurücklaufen, bis man eine neue Alternative dafür gefunden hat. Jetzt muss erst mal ein Konzept entwickelt werden, wie möglichst nicht alles essen verkommt und die Menschen nicht verhungern, was schwerer ist als man denkt, da wir inzwischen ja komplett abhängig davon sind, dass die Elektrizität einwandfrei funktioniert. Auch in solchen Bereichen, wie der Verwaltung kommen größere Probleme auf, als man im ersten Moment erwartet. Denn fast alle Daten zu jeglichen Themen sind ja inzwischen digital abgespeichert und werden nicht in dicken Ordnern auf Papier gesammelt. Leider ist zu all diesen Daten kein Zugang mehr möglich und es gibt auch keine Möglichkeit alles noch irgendwie auszudrucken, da ja weder der Computer noch der Drucker funktioniert. Hier muss also eigentlich wieder bei 0 angefangen werden und egal wo, müssen alle Daten zu Personen, Abläufen usw. wieder komplett neu gesammelt werden. Die Schulen würden sich mit Sicherheit auch total freuen, nachdem alles auf digital umgestellt wurde und in jedem Raum ein Bildschirm hängt, diese wieder durch die alten Tafeln auszutauschen, da mit den Smart Boards und Apple TVs nicht mehr viel anzufangen ist. Das Geld hätte dann wohl auch besser investiert werden können. Man kann außerdem nur hoffen, dass nie wieder so etwas wie Homeschooling stattfinden muss, denn die Aufgaben per Post zu verschicken wäre wahrscheinlich auch eine ziemlich mühselige und unsinnige Aufgabe. Generell wäre es für die Gesellschaft wahrscheinlich ziemlich schwer, sich wieder an ein Leben ohne Elektrizität zu gewöhnen, weshalb es ziemlich gut ist, dass das alles nur eine Vorstellung ist, die hoffentlich nie Realität wird.

Was wäre wenn?

Was wäre wenn... ...du mit Tieren reden könntest? Aber sie nur dich verstehen und du sie nicht? Und du jeden Tag mit ihnen redest, weil du fest an der Hoffnung dich klammerst, dass sie irgendwann mal antworten? Aber sie antworten dir nicht, sie antworten dir nie, nicht weil sie es nicht wollen, sondern weil sie es nicht können. Doch das weißt du nicht, du denkst sie seien einfach unhöflich und hassen dich insgeheim, weswegen du anfängst, ihnen schlimme Dinge zu erzählen. Und eigentlich hassen sie dich auch, sie hassten dich von Anfang an, aber konnten es dir nie sagen, könnten es dir nie sagen, weil sie dazu verdammt wurden, für immer hier zu sein und deinen Problemen zuzuhören. DeinenProblemen, die sie nicht betreffen, die sie nicht interessieren. Was wäre wenn... ...sie antworten könnten? Wäre dein Wunsch nicht erfüllt? Würdest du das wirklich wollen? Wenn sie dir endlich antworten könnten, dir endlich sagen könnten, wie sehr sie dich hassen, wie sehr sie es Leid sind, dir zuzuhören? Sie dich endlich dazu zwingen könnten, Verantwortung zu übernehmen und dich deinen Problemen zu stellen anstatt sie unschuldigen anzuvertrauen, als hätten sie nicht ihre eigenen Probleme? Was wäre wenn... ...sie mit dir reden könnten? Aber du nur sie verstehen kannst und sie dich nicht? Und du jeden Tag jetzt ihnen zuhören musst, wie sie dir die Ungerechtigkeit und Brutalität des Lebens erzählen, denn sie waren schon hier, bevor an dich nur gedacht wurde, bevor die Zeit anfing, gezählt und gemessen zu werden. Und du ihnen nicht sagen kannst, wie Leid du es bist, dem Leid ausgestzt zu werden? Wie leid du es bist, über den Tod zu denken, über die Zeit vor dir, in der niemand sich um dich geschert hat? Wie sich immer noch nichts geändert hat, weil du immer noch nutzlos bist und du am Ende allein im Grab liegst? Wie dein kleines, unwürdiges Hirn es nicht verarbeiten kann, nicht verstehen kann, dass du zum ersten Mal in deinem Leben merken musst, dass du unwichtig bist? Wie du innerlich auseinanderfällst und verfaulst, wie der Boden des Waldes, von dem sie erzählen? Letzendlich bist und bleibst du Fleisch: dein inneres Leid, die endlose Tortur des Seins zerfrisst deine Innereien, von der Leber bis letzendlich zum Herz und Hirn. Und die Tiere müssen dir nicht sagen, was danach passiert.